Jazzthetik

Die richtigen Vorbilder oder Einflüsse zu haben, ist sicher kein Fehler – kann dann aber auf dem Weg zu einem eigenen Ausdruck hinderlich sein. Dagegen finden sich für eine Bandbesetzung aus Violine, Violoncello, Sopransaxofon, E-Gitarre und Schlagzeug kaum Vergleiche, aber genau das macht die Wiener Formation Simsa Fünf aus. 

Ihre aus Volksmusik, Klassik, mittelalterlichen Klängen und Jazz angesetzte Mischung ist kammermusikalisch feinsinnig, dabei immer sehr sensibel, entschleunigt und differenziert gespielt. Da werden mit komplexen Harmonien und wunderschön schwebenden Melodien unweigerlich Emotionen geweckt, die dann tatsächlich auch mal Gänsehaut entstehen lassen. Wenn dann nur nicht diese technisch fein gespielte Gitarre wäre. Der Mann dahinter beherrscht sie perfekt, hat aber Kollegen wie Bill Frisell und Marc Ribot zu arg verinnerlicht, um sich von ihnen zu unterscheiden. Keine Frage, dieses Spiel passt in den Kontext von Simsa Fünf, hinterlässt aber zumindest einen Beigeschmack, weswegen ich das tatsächlich spannende „The Time We Need” davon nicht losgelöst hören kann. Trotzdem ist die CD ein Hörtipp, denn besonders „Tuilleries” ist ein ganz grandioses, Spaßmachendes Stück.

Olaf Maikopf
Jazzthetik 05 2019